Kapitel 1: Der Anfang

„Es ist kleiner als unser Haus.“ Sagte ich nur kühl, als ich durch den Eingangsbereich unserer neuen Villa trat. Es interessierte mich nicht im Geringsten, dass sie moderner eingerichtet war, sie war kleiner. Mein Vater trat hinter mir durch die Tür und legte eine Hand auf meine Schulter, die ich jedoch sofort wieder abschüttelte. Er sah sich nur kurz um, da er das Haus bereits kannte. „Dein Zimmer ist dafür größer… Du hast ein ganzes Stockwerk für dich alleine.“ Versuchte er mich zu besänftigen und lächelte schwach. Ich musterte ihn abweisend, was nichts Neues war, da ich nie eine sonderlich gute Bindung zu beiden meiner Eltern hatte. Dann warf ich eine meiner pechschwarzen Haarsträhnen über die Schulter. Ich trat an ihm vorbei und sah die lange Treppe hinauf: „Und wo ist es?“ Einen kurzen Moment wurde sein Lächeln ein paar Millimeter breiter: „Ganz oben, du hast auch die Dachterrasse für dich.“ Ich ignorierte seine Bemerkung über die Dachterrasse und ging die Treppe nach oben. Ich war tatsächlich etwas neugierig, aber ich ließ es mir nicht anmerken. Als ich die große Flügeltür, die vollkommen aus Glas bestand zu meiner Etage aufdrückte entglitt mir doch ein Lächeln und ich wusste, dass ich mich hier insgeheim ganz wohl fühlen würde. Um meine Freunde kümmerte es mich nicht wirklich, denn es waren nur kleine Menschen, die etwas von meinem Glanz abhaben wollten, doch es störte mich, dass es die jahrelange Arbeit in Nichts auflöste. Es wird an meiner neuen Schule schon eine dominierende Gewalt geben und diese auszuschalten war wohl nicht so einfach. Das letzte Mal war es nicht schwer, da die Gruppe gerade den Abschluss hatte, als ich auf die Schule kam und wow haben die Leute geguckt als ich als 12 Jährige plötzlich alle weggehauen hatte. Meine Etage war in rosetönen eingerichtet und der Flur war hell beleuchtet. Rechts ging es hinaus auf die Terrasse und links befanden sich mein Zimmer, mein Bad, mein Hobbyraum und mein Fernsehraum. In unserem alten Haus hatte ich keine Etage, sondern nur ein großes Zimmer, also war ich in der Hinsicht ganz zufrieden. Dennoch wäre es mir recht gewesen, in der kleinen Stadt in der ich zuvor lebte zu bleiben.

 

Der Rest des Tages verlief so, dass ich mich in meiner voll eingerichteten Etage umsah. Meine Sachen waren auch schon alle perfekt angeordnet dort.

 

Am nächsten Tag ging es dann in die Schule und wow Leute, ich weiß nicht aus welchen bescheuerten Büchern ihr entnommen habt, dass man sich immer in der ersten Stunde vorstellte, denn bei mir war es nicht der Fall. Ich saß in der vorletzten Reihe und hatte entschlossen erst Mal zu beobachten, ehe ich auf Angriff gehen würde. Meine Stylistin hatte mich vor der Schule perfekt gestylt und frisiert, dass ich die Blicke aller auf mich zog, nicht nur weil ich neu war und einfach mitten im Schuljahr zu ihnen kam. Wenn ihr allerdings jetzt denkt, dass dieser Tag langweilig war, dann irrt ihr euch. Zumindest für die anderen nicht, für mich war er alles andere als spannend. Normalsterbliche eben…

 

In der Mittagspause nahm ich ein Tablett um mir Essen zu holen und sah einen in der Nähe stehenden Jungen auffordernd an. Ich ließ die Arme hängen und pustete mir aufrechtstehend eine Strähne aus der Stirn. Dann stellte ich mich besonders dumm damit an, mir Messer und Gabel zu holen und endlich kapierte es der Typ dann doch noch. Er kam zu mir und fragte mich mit seinem Zahnpasta-Lächeln ob er helfen könnte. Ich wartete nicht wirklich ab, bis er seine Frage formuliert hatte und lächelte erleichtert: „Oh Dankeschön, du bist echt meine Rettung.“ Ich drückte ihm das Tablett in die Hand und stellte darauf die vegetarische Variante des Mittagsessens ab. Ich hatte meine Handtasche lasch über der Schulter hängen und lachte leise: „Schule ist ja so anstrengend, findest du nicht auch Felix?“ Der Junge räusperte sich: „Ja-ha, aber eigentlich heiße ich nicht Felix, sondern…“ Ich beachtete ihn nicht und unterbrach ihn: „Oh schau nur, da ist ein Platz frei…“ Er sah mich irritiert an und ich trat mit großen Schritten an den Tisch und sah auf die Mädchen die dort saßen herab. Ich klimperte mit den Wimpern und lächelte: „Ich würde zu gerne an diesem Tisch sitzen.“ Ein Mädchen mit blonden Spagetti-Haaren sah zu mir hoch und sah mich entgeistert an: „Dein ernst? Dahinten ist doch noch ein Platz frei?!“ Ich schob ihr Tablett weg und stützte mich mit beiden Händen auf den Tisch: „Gut erkannt, dann könnt ihr ja dort hingehen.“ Das Mädchen nahm die Herausforderung an und erhob sich ebenfalls, dann wurde ihre Stimme auch schon lauter: „Was glaubst du eigentlich wer du bist?“ Ich warf mir, wie ich es so oft tat, eine Strähne über die Schulter und stemmte einen Arm in die Seite, mit dem anderen hielt ich meine Tasche und funkelte sie mit diesem besonderen Funkeln in meinen Augen an. Dann lächelte ich zuckersüß und antwortete schließlich mit drohendem Unterton so leise, dass es nur die Mädchen am Tisch und das Mädchen mit den Spagetti-Haaren hören konnten: „Ich bin June und ich möchte hier sitzen.“ Dann setzte ich mich an den Tisch und Felix stellte das Tablett vor mich und sah sich fragend um, da sich die Mädchen immer noch nicht vom Fleck gerührt hatten und er nun keinen Platz mehr an diesem Tisch fand. „Wird’s bald?“ zischte ich und da tickte das Mädchen mit den blonden Haaren aus: „Wird’s bald? Glaubst du June, du könntest hier einfach so aufkreuzen und uns von unserem Platz vertreiben? Wir essen immer hier!“ Die anderen Mädchen bejahten das. Doch da kam schon einer Lehrer der Aufsicht hatte und stellte sich zu uns: „Was ist hier los?“ Ich erhob mich augenblicklich, verschränkte die Finger hinter dem Rücken, legte den Kopf leicht schief und lächelte: „Ich wollte nur mit ihnen hier sitzen.“ Das blonde Mädchen spielte zu ihrem Nachteil nicht mit: „Das stimmt doch gar nicht, du wolltest uns hier einfach von unserem Platz vertreiben und…“ sie fauchte richtig verzweifelt um sich vor dem Lehrer zu rechtfertigen. „Aber warum bist du denn so unfreundlich?“ fragte ich laut, aber mit einem geschockten Unterton, dass es alle hören konnten. Ich sah traurig zu Felix und nahm mein Tablett in beide Hände und wandte dem Tisch den Rücken zu: „Ich wollte doch nur dort sitzen, weil das der einzige Tisch am Fenster ist.“ Der Lehrer musterte mich nachdenklich: „Rebecca, du und deine Freunde, ihr sitzt doch immer hier, da könnt ihr ja wohl einmal auf den Platz verzichten.“ Rebecca drehte ungläubig den Kopf zum Lehrer und funkelte ihn wütend an: „Wie bitte? Ich soll diese Bitch auch noch gewinnen lassen?“ Der Lehrer sah sie streng an: „Rebecca, ihr esst heute wo anders und du bleibst nach der Schule zum Nachsitzen da…“ Felix hatte mittlerweile das Tablett wieder an sich genommen und ich wandte mich um: „Also, ihr habt gehört was der Lehrer gesagt hat. Ihr werdet wohl ein oder zwei Mal auf den Tisch hier verzichten können.“ Doch noch während ich das sagte, wussten sie alle, dass es nun mein Tisch war. Ich nickte dem Lehrer zu und lächelte, dann richtete ich mich auf und setzte mich hin. Ich überschlug anzüglich die Beine und als sich die Mädchen genervt aus dem Staub machten, wandte ich mich zu dem Jungen um: „Setz dich doch Felix.“ Er setzte sich und verkniff sich den Kommentar, dass er nicht Felix hieß. Ich lächelte und machte mich daran einige Bissen zu essen. Doch schon nach wenigen Happen ließ ich meine Gabel sinken und griff nach dem Apfel. Ich musste auf meine Ernährung achten, sonst würde ich aufgehen wie ein Hefekloß und noch so fett werden, wie die Freundin meiner Mutter. „Das war ja was.“ Sagte Felix verblüfft und packte einen Müsliriegel aus: „Ich hätte niemals von Rebecca erwartet, dass sie so zickig werden konnte. Und ich wollte sie am Ende des Jahres zur Schülerin des Jahres wählen.“ Ich horchte auf und sah Felix an: „Schülerin des Jahres?“ Er nickte nachdenklich und biss in seinen Müsliriegel. „Ja, am Ende des Jahres wählen Schüler und Lehrerschafft gemeinsam Schüler und Schülerin des Jahres. Die erhalten dann eine Urkunde für besonders gutes und soziales Verhalten. Kurz gesagt, die beliebteste Person gewinnt.“ Ich trank einen Schluck Wasser und sah dann zu ihm: „Aha.“ Mehr sagte ich dazu nicht um mein Interesse daran zu verheimlichen. Dazu würde es sicherlich irgendwas auf der Homepage der Schule geben. Dann gingen die Türen zur Aula auf und eine Gruppe von fünf Jungen und zwei Mädchen trat in Dreiecksformation ein. Die Jungs waren alle ziemlich gut bepackt was Muskeln angingen und sahen ziemlich heiß aus und die Mädchen hatten beide strohblondes Haar und Lippenstift bis zu den Ohren. Sie waren definitiv die dominierende Gewalt. „Footballspieler?“ fragte ich mit starkem Ton und Felix nickte stumm. Dann waren die Mädchen wohl Cheerleader. Es war kein Geheimnis, dass Cheerleader die Perfektion ausstrahlen sollten. Das Haar der Mädchen war geglättet und bei beiden in einen hohen Pferdeschwanz gebunden. Mit einem bloßen Kopfnicken brachten sie eine Gruppe Nerds dazu den Platz zu räumen und setzten sich dann. Sie mussten nicht einmal zur Essensausgabe gehen, da wurde ihnen schon ein Tablett serviert. „Was weißt du über sie Felix?“

 

Und ich erfuhr so einiges Interessantes über die Gruppe. Um sie zu eliminieren musste ich erst eine von ihnen werden und dann als Beste herausstechen.

 

Nach der Schule wartete ich am Motorradständer bis einer der Football-Jungs kam und seine Motorradjacke anzog. Ich hielt mein Handy an mein Ohr und betrachtete meine Nägel: „Was soll das heißen unser Chauffeur hat frei? Wie soll ich jetzt bitte heim kommen?“ Ich seufzte und legte auf, beziehungsweise tat ich so, als würde ich auflegen, denn es hatte ja nie ein Gespräch stattgefunden. „Kann ich dir helfen?“ fragte der Typ und ich wandte mich überrascht um. „Ach mir ist nicht mehr zu helfen…“ Sagte ich nachdenklich und fuhr mir durchs Haar. Er schmunzelte. Ich stand aufrecht, streckte die Brust raus und ließ meine Tasche müde baumeln. Kaum tat ich das wanderte sein Blick auch schon von meinem Gesicht abwärts. Ich hatte ein ziemlich offenes Top an und auch meine Weste ausgezogen, da es relativ warm war. „Ich könnte dich nach Hause fahren…“ bot er schließlich an und ich sah ihn entsetzt an. „Wie meinst du das? Dass ich nur weil ich nicht abgeholt werde mich gleich auf einen Typen wie dich einlasse? Vergiss es…“ Ich machte eine kurze Pause und als er nicht reagierte schüttelte ich aufgebracht den Kopf:  „Typen wie dich kotzen mich echt an, ihr denkt doch tatsächlich immer noch, dass das weibliche Geschlecht das schwächere ist. Ich bin nicht hilflos… ok?“ Dann wandte ich ihm den Rücken zu und stöckelte auf meinen Highheels davon, schön bedacht darauf meine Hüften beim Gehen schwingen zu lassen. Frauen waren absolut nicht das schwächere Geschlecht, denn sie hatten um einiges mehr Waffen als Männer um andere zu etwas zu bringen. Es dauerte einige Minuten, da holte er mich mit seinem Motorrad wieder ein und fuhr in Schritttempo neben mir her: „Hey, das war doch nicht so gemeint, ich wollte echt nur helfen… Außerdem hast du deine Tasche vergessen.“ Ich blieb abrupt stehen, hatte ich doch tatsächlich meine Tasche stehen lassen? Was für ein großes Missgeschick von mir. Ich hatte ihn damit ja sozusagen gezwungen mir nachzufahren. Ich seufzte leise und sah auf: „Also gut, aber nur, weil ich drei Kilometer nach Hause gehen müsste und das in diesen Schuhen etwas anstrengend werden würde.“ Er lächelte und nickte dann: „Selbstverständlich nur deswegen.“ Ich grinste und er hielt auch endlich an und schaltete den Motor aus um meine Tasche, die zuvor um seinen Lenker hing unter dem Sitz zu verstauen. Dann gab er mir seinen Helm und ich setzte mich hinter ihn und achtete genau darauf meine Hände eng um seinen Oberkörper zu schlingen und mich gegen seinen Rücken zu drücken. Wir fuhren wirklich langsam und ich glaubte das tat er nicht nur um die Verkehrsordnungen zu beachten und weil er ohne Helm fuhr. Als wir dann endlich auf meinem Hof ankamen, mein Vater war zum Glück noch auf Arbeit, sonst wäre er wohl aus dem Haus gestürmt, warum ich denn meinem Chauffeur abgesagt hatte und ich jetzt mit einem Typen heimkam. Ich stieg ab und zog an meinem Helmverschluss rum bis ich schließlich aufgab meinen Kopf hob und ihn zerknirscht ansah: „Würdest du bitte so nett sein?“ Er nickte und öffnete mir den Verschluss, wobei seine Hand auf meinem Hals ruhte. Als er mir den Helm abnahm sah ich ihn im die Augen und ich stand ziemlich nah bei ihm, sodass ich seinen Atem spüren konnte. Er lächelte und spielte mit einer meiner dunklen Haarsträhnen, als seine Hand abrutschte und auf meine Schulter glitt. Er legte sie sanft in meinen Nacken und beugte sich vor. Gleichzeitig rutschte seine Hand von meinem Nacken innerhalb einer Sekunde auf meinen Po und ich rührte mich wie in Schockstarre immer noch nicht. Er legte den Kopf schief und wollte mich küssen und im letzten Moment drehte ich den Kopf weg und er erwischte mich nur an meiner Wange. Ich machte einen Schritt von ihm weg und löste somit die Berührung zwischen seinen Händen und meinem Körper. „Danke fürs Nachhause bringen.“ Hauchte ich und schloss die Augen halb und warf ihm einen verführerischen Blick zu: „Hey, kannst du mich morgen vielleicht wieder heimbringen? Mein Chauffeur hat noch die ganze Woche frei…“ Er zuckte etwas überrascht mit den Schultern, nickte jedoch dann doch schließlich. Ich lächelte dankbar und wandte ihm dann den Rücken zu und ging mit dem gleichen Schwung wie zuvor in der Schule zu meiner Haustür und verschwand dahinter. Einige Sekunden später klingelte es und ich wandte mich überrascht wieder der Tür zu und öffnete sie. Er lehnte an meinem Türrahmen und hielt meine Tasche in der Hand. Das war jetzt aber wirklich nicht geplant. Ich lachte leise und nahm ihm die Tasche aus der Hand, als er mich plötzlich in seine Arme zog und mich hart auf die Lippen küsste. Es war ein schneller und hastiger Kuss und er drückte mich in Richtung meines Hauses. Doch ich drückte ihn von mir: „Ich… ich will nichts von dir“ sagte ich außer Atem und sah ihn an. Er hatte mich wirklich überrascht und ich mochte Überraschungen nicht. Er grinste und sah ausnahmsweise in mein Gesicht und nicht auf meinen Ausschnitt. „oh bitte, jedes Mädchen möchte etwas von mir.“ Ich legte den Kopf schief und lächelte anzüglich. „Jedes Mädchen?“ hauchte ich atemlos und er nickte, überzeugt von sich selbst, trat einen weiteren Schritt auf mich zu, dass ich seinen Oberkörper berührte und seine Erektion an meiner Hüfte spürte. Er wollte mich gerade wieder packen und in einen Kuss ziehen als ich gerade noch so auswich, mir mit der Zunge über die Lippen fuhr und ihn dann ansah. Aus meinen kalten blauen Augen: „Ich bin aber nicht jedes Mädchen.“ Dann schenkte ich ihm einen Handkuss und schlug die Tür zu, dieses Mal mit meiner Tasche in der Hand. Idiot. Dann verschwand ich im Esszimmer, wo ich einen Joghurt aus dem Kühlschrank holte, natürlich einen Naturjoghurt ohne Süßstoffe, und einen hastigen Löffel davon nahm. Ich öffnete meine Tasche und zog mein Handy heraus und checkte meine Nachrichten. Nur eine von meinem Vater der schrieb, dass er später käme und zig von meinen lieben Freunden, die mich jetzt endlich los hatten. Wie sie mich doch alle vermissten. Ich warf einen flüchtigen Blick auf meine Hefte die ungeordnet in meiner Tasche lagen und auf einem klebte ein gelber Zettel mit einer schmierig geschriebenen Nummer darauf. Darunter ein kurzer Satz „Ruf mich an bea“ und dann unterschrieben von Chuck. Ein flüchtiges Lächeln huschte über meine Lippen und ich pustete mir eine Strähne aus dem Gesicht. Es war nicht so schwer wie ich dachte.